Baron unser adeliger Held...
Der Dobermann Baron wurde uns als Notfall vorgestellt. Er wurde gerade in einer Pension betreut als auffiel, dass er nur noch tröpfelnd und zuletzt überhaupt keinen Urin mehr absetzen konnte. Die Besitzer waren vorher schon seit einem halben Jahr deswegen in Behandlung gewesen und ahnten im Urlaub nicht, dass sich gerade eine Katastrophe anbahnte..
Als der junge Dobermann ins Behandlungszimmer kam, konnte er sich kaum noch auf den Beinen halten, hatte auf ein Schockgeschehen hinweisende Schleimhäute und einen hoch schmerzhaften Bauch. Schnell war klar, dass hier ein Verschluss der Harnwege vorliegt, der mit einem lebensbedrohlichen Rückstau von Urin in die Nieren und einer Vergiftung des Körpers einhergeht und unbehandelt zum Tod führt. Die Blutuntersuchung des Hunde ergab bereits ein massives prärenales Nierenversagen, starke Eindickung des Blutes und Elektrolytverschiebungen, die zu Herzrhythmusstörungen führen können.
Sofort wurde versucht ein Blasenkatheter zu legen, aber der Hund war zu schmerzempfindlich und die Harnröhre komplett mit Harnsteinen und Harngrieß verstopft. Also entschieden wir uns, Baron trotz des hohen Narkoserisikos im kompensierten Schock zu sedieren, um den so wichtigen Eingriff vornehmen zu können. Während der Narkose bekam der Patient eine Schockinfusion von mehreren Litern und der Urinabfluss wurde wieder hergestellt, bei dem dabei durchgeführten Ultraschall stellte sich neben stark gestauten Nieren und einer gefüllten, hochentzündeten Blase auch freie Flüssigkeit im Bauch dar. Die Punktion des Abdomens ergab, dass es sich dabei um Urin handelte.. die Harnblase war bereits geplatzt!!!
Nach weiterer Schocktherapie wurde Baron in den OP gebracht, es zeigte sich ein schlimmes Bild: die Blase war verdickt, hochgradig verändert und hatte ein daumengroßes Loch. Der gesamte Bauchraum war bereits entzündet von ausgetretenem Urin.
In einem mehrstündigen Eingriff wurde die Blase vernäht, der Bauchraum gespült und Drainagen eingelegt. Danach wurde Baron engmaschig überwacht, es stand sehr schlecht um ihn. Keiner konnte sagen, ob sich das Blasengewebe und die Nieren wieder erholen würden. Er brauchte sehr lange um aus der Narkose zu erwachen. Um seine vielen Drainagebeutel "unterzubringen" wurde ihm ein Body angezogen, permanent wurde die Körpertemperatur, Harnproduktion und der Herzkreislaufzustand kontrolliert. Die Bauchdrainagen mussten oft gespült werden. Gut das es sich bei Baron um einen soooo lieben Patienten handelte! Trotz päppeln, pflegen, Medikamentengabe und besserwerdenden Blutwerten, wollte Baron keine Nahrung aufnehmen. Daher entschieden wir uns den Hund parenteral -also über die Vene- zu ernähren.
Von da an ging es ihm zusehens besser. Sein Lebenswille kehrte zurück. Trotzdem musste Baron über eine Woche bei uns verbringen, bis gewährleistet war, dass seine Nieren wieder zuverlässig funktionierten und die Bauchfellentzündung abgeheilt war. Es musste soviel Struvitgrieß aus der Blase gespült werden, dass kein neuer Harnröhrenverschluss mehr drohte. Trotz des hohen Pflegeaufwandes schätzten alle Tierärzte und Tierarzthelfer den schmusigen Adeligen sehr! Stets ließ er alle Behandlungen mit Würde und Tapferkeit über sich ergehen.
Schlussendlich konnten wir Baron munter und mit guter Futteraufnahme zu seinen überglücklichen Besitzern entlassen. Zu unserer Freude scheint er seine neue Harnsteindiät sehr zu mögen, sodass wir hoffen, dass ihm weitere Harnwegsprobleme erspart bleiben. Denn seine Diät muss er nun für den Rest seines Lebens bekommen!!